Wissen & Links

Was ist ein Biotopbaum?

Entdecke die verschiedensten Baumstrukturen und die grosse Vielfalt unserer Biotopbäume in der nebenstehenden Galerie.

Baumriesen für die Ewigkeit

Kennst du einen alten, dicken Baum? Bist du schon einmal unter ihm gestanden und hast dich gewundert wie alt er wohl ist, oder wie er es schafft, lebensspendendes Wasser bis in die obersten Äste und Blätter zu leiten? Wenn man einen Baum bewusst betrachtet, ihn als ein Lebewesen wahrnimmt, kann ein Staunen entstehen für diese Kreaturen und eine Faszination für das Leben an sich. Bäume haben einen grossen Stellenwert in der Kulturgeschichte des Menschen. Viele Religionen kennen und verehren heilige Bäume. Denkt man an die Lebensbäume in der Mythologie oder den Baum der Erkenntnis im biblischen Paradies und an die vielen künstlerischen Umsetzungen dieser Motive zum Beispiel in der Malerei, dann spürt man, dass der Baum eine tiefe Bedeutung in der Existenzgeschichte des Menschen hat. Es gibt Momente, da sind Bäume mehr als nur ein Mittel zur Produktion von Holz, Nahrung oder anderen nützlichen Dingen. Doch wo sind eigentlich die alten Bäume in unseren Wäldern geblieben? Die wirtschaftliche Nutzung eines Baumes erfolgt zum optimalen Zeitpunkt bezüglich Durchmesser und Wachstumsgeschwindigkeit. Meistens hat ein Baum zum Zeitpunkt der Nutzung ein Alter, das etwa einem Viertel seiner Lebenserwartung entspricht. Der durchschnittliche, wirtschaftlich genutzte Wald im Schweizer Mittelland muss daher im Allgemeinen als „jung“ bezeichnet werden. Vereinzelt geschieht es aber, dass man mitten im Wirtschaftswald auf einen alten Baumriesen trifft. Ein Grund, stehen zu bleiben und genauer hinzuschauen. Wir vom Verein deinbaum tun dies sehr gerne: Es ist unsere Leidenschaft.

Alte Bäume haben ein grosses ökologisches Potenzial. Tiere, Pflanzen, Pilze und Bakterien finden einen Lebensraum auf, am oder im Baum, oder der Baum ist wichtig für ein Teilbereich ihres Lebens. Bei der Beurteilung, ob ein Baum als sogenannter Biotopbaum bei deinbaum inventarisiert werden kann achten wir auf verschiedene Merkmales des Baumes. Grundsätzlich steigern folgende Merkmale das ökologische Potenzial eines Baumes: Eine grosse Krone, ein dicker Stamm mit furchiger Borke sowie ein grosses Wurzelwerk bietet eine riesige Oberfläche, die von den vielfältigsten Organismen besiedelt werden kann. Dabei nehmen die Artenvielfalt und die Anzahl der Baumbewohner mit der Dicken des Baumes und dem Alter zu, vor allem bezüglich Moose und Flechten. Dieser Baumbewuchs wiederum liefert die Lebensgrundlage für Bakterien und Gliederfüssler (Tausendfüssler, Asseln,  Insekten, Springschwänze, Spinnen, etc.), Ameisenstrasse am 67er-Ahorndie sich darin, aber auch in den Ritzen und Furchen der Rinde, an den Blättern, im Holz und im Wurzelbereich entwickeln oder überwintern können. Insbesondere die Insekten stellen dann wiederum eine wichtige Nahrungsgrundlage für Vögel und Säugetiere dar.

Strukturen wie Kronen- und Astbrüche, Totholz in der Krone, Zwiesel, Risse und Verletzungen am Stamm, Baumhöhlen, Wasserbecken, Pilzfruchtkörper, austretender Baumsaft oder Bewuchs mit Lianen oder Epiphyten können ebenfalls wichtige Qualitätsmerkmale von Biotopbäumen sein.  Auch die Besiedlung des Wurzelsystems mit Pilzen, Bakterien und Tieren ist von grosser Bedeutung. Bäume leben in Symbiose mit den Mykorhiza-Pilzen - Mobi DickDa Waldbäume über ein Netz von Pilzfäden (Mykorrhiza) miteinander verbunden sind, können Bäume mit voll entwickelter Krone und Wurzelwerk einen wichtigen Beitrag zur Versorgung von Nachbarbäumen leisten.

Im Weiteren spielt auch die Baumart eine Rolle, wenn man die Qualität eines Biotopbaumes abschätzen möchte. Prinzipiell sind Baumarten wie Weiden, Pappeln, Eichen, Linden oder Ulmen, die sich nach den Eiszeiten rasch angesiedelt haben, wertvoller als solche, die erst in der jüngeren Waldentwicklung eingewandert sind wie etwa Buche und Tanne. Dies liegt daran, dass sich im Laufe der Jahrtausende mehr Tierarten auf die älteren einheimischen Baumarten spezialisieren konnten. Viele Baumarten sind jedoch selten in unseren Wäldern. Dies einerseits weil die dominanten schattenverträglichen Baumarten wie die Rot-Buche und die Weiss-Tanne erfolgreich andere Baumarten  verdrängen, aber auch weil die Waldwirtschaft ganz gezielt die finanziell interessanten Baumarten wie etwa die Fichte gezielt förderte. Seltene Baumarten wie Weiden, Pappeln, Ulmen, Stechpalme, Eiben, Eichen etc. sind daher auch schon im jungen Alter Anwärter als Biotopbäume bezeichnet zu werden. Bei der Auswahl der Bäume sind daher auch gute Standortkenntnisse wichtig.

Biotopbäume sind also Inseln der Biodiversität im Wald und beherbergen eine grosse Anzahl von kleinen und grösseren Organismen. Wird ein Waldbestand genutzt und der Biotopbaum erhalten, können die nachwachsenden Bäume rund um den Biotopbaum rasch durch die Organismen des Biotopbaumes besiedelt werden und auch der Weg zum nächsten Biotopbaum bleibt kurz. Dies kommt vor allem Organismen zugute, die kein grosses Ausbreitungspotential haben, wie etwa der Eremit, welcher sehr selten geworden ist. Diese schnellere und artenreiche Besiedlung kann durch biologische Rückkopplungseffekte die Massenvermehrung von Forstschädlingen eindämmen, was einer sicheren Holzproduktion zuträglich ist. Vielfalt schützt! Gerade in Zeiten des Klimawandels, der als starker Stressor auf den Wald einwirkt, werden diese Zusammenhänge und das Anliegen immer wichtiger werden, die Widerstandskraft (Resilienz) des Waldes gegenüber negativen Einflüssen zu erhöhen. Neben dem kulturellen und ökologischen Wert, haben Biotopbäume folglich auch eine ökonomische Bedeutung und leisten einen Beitrag zur nachhaltigen Bewirtschaftung des Waldes. Trotz dieses Hintergrundes wurden Biotopbäume bisher nur vereinzelt gefördert. Mit der Waldpolitik 2020 des Bundesamtes für Umwelt wurden sie erstmals offiziell berücksichtigt.

Bei der Auswahl von Biotopbäumen spielen aber nicht nur ökologische, sondern auch waldbauliche Überlegungen eine wichtige Rolle. Die Position des Biotopbaumes gegenüber Zukunftsbäumen und Rückegassen wird berücksichtigen, um keine unnötigen Hindernisse bei der Bewirtschaftung zu produzieren. Die bisherigen Erfahrungen zeigen zudem, dass es sich lohnt, Bäume auszuwählen, die eine grosse Standfestigkeit aufweisen. Eine lange Krone und eine statisch stabile Wuchsform (auch krummwüchsige Bäume können diese Eigenschaft haben) verringern die Gefahr von Windwurf und Sonnenbrand bei einer Freistellung. Die Standfestigkeit kann auch gezielt gefördert werden durch eine schrittweise zunehmende Freistellung. Auch Bäume, die schon einmal frei gestanden sind oder schwere Stürme überstanden haben, sind eine gute Wahl. Bäume, die Wege, Ufer oder Infrastruktur beschädigen oder auf Landwirtschaftsland fallen könnten sind nicht ideal, da beim Umstürzen mit Kosten für die Beseitigung und die Vergütung von entstandenen Schäden gerechnet werden muss.

Auch würde mit der Beseitigung eines Biotopbaumes die sehr wichtige Phase eines Biotopbaumes als stehendes und liegendes Totholz verhindert. Denn ein Biotopbaum bleibt auch von grosser ökologischer Bedeutung im Wald auch wenn er abstirbt. Etwa ein Fünftel der Tiere und Pflanzen des Waldes, also über 6‘000 Arten, sind auf Totholz als Lebensraum und Nahrungsquelle angewiesen. Gerade Totholz von alten dicken Bäumen im Wald ist sehr selten im Schweizer Mittelland. Organismen, die auf solches dickes Totholz als Lebensraum angewiesen sind, können daher heute nur noch sehr selten angetroffen werden. Da das Totholz je nach Dicke, Baumart und dem Verwitterungsgrad ganz unterschiedlichen Organismen einen Lebensraum bietet, ist der Beitrag den deinbaum mit dem Erhalt von alten und seltenen Bäumen leistet, langfristig von grosser Bedeutung.

Die gezielte Förderung solcher Biotopbäume ist die Absicht des Vereins deinbaum. Mittels Baumpatenschaften sollen darum alte Bäume für die nächste Generation erhalten werden. Die Strategie, Baumpatenschaften anzubieten, hat verschiedene Vorteile: Die Menschen in der Region erhalten die Möglichkeit, die Landschaft in der sie leben, aktiv mitzugestalten. Baumpatenschaften werden aber auch abgeschlossen aus dem Wunsch, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft zu leisten oder Naturwerte und Naturerlebnisse für kommende Generationen zu erhalten. Das Angebot von Baumpatenschaften für Biotopbäume hat zudem eine positive Ausstrahlung in die Öffentlichkeit. Der Förster erhält damit ein attraktives und leichtverständliches Thema in seiner Öffentlichkeitsarbeit für den Wald, welches sich auch ideal eignet hinsichtlich der Imagepflege und Vermarktung von Schweizer Holzprodukten. Der Ertrag einer Patenschaft ermöglicht es, den Waldeigentümer angemessen für den Ertragsausfall zu entschädigen, der aus dem Nutzungsverzicht resultiert. Die Patenschaften erlauben es zudem dem Waldeigentümer, Bäume „stehend zu verkaufen“ ohne den Aufwand, der bei der Ernte anfallen würde, von der Fällung bis zum Verkauf. Auch das Risiko eines geringen Ertrages durch eine etwaige minderwertige Holzqualität entfällt. Dicke und sperrige Bäume an schwierigen Standorten, die hohe Erntekosten verursachen würden, können mit einer Baumpatenschaft ideal in Wert gesetzt werden. Baumpatenschaften können darum aus Sicht des Waldeigentümers durchaus als ergänzendes, zusätzliches Forstprodukt angesehen werden. Der Wert des Angebots von Baumpatenschaften ist für den Waldeigentümer aber nicht nur finanzieller Natur. Er bekommt damit überhaupt erst die Möglichkeit, solche Bäume langfristig zu erhalten. Einige Waldeigentümer sind sogar gleich selber Paten ihrer eigenen Bäume geworden. Die Erfassung, Markierung und Förderung von Biotopbäumen ermöglicht eine professionelle, langfristige Planung im Bestand. Dies geschieht idealerweise eingebettet in die Routinearbeit des Försters während dem Anzeichnen oder beim beratenden Gespräch mit Waldeigentümern. Nachfolgende Generationen von Förstern, Eigentümern und andere Akteuren können aufgrund der erarbeiteten Informationen die getätigten Eingriffe nachvollziehen und weiterentwickeln.

Die Preise für die Patenschaften richtet sich nach einem durchschnittlichen Ertragswert eines Baumes bei der Ernte je nach Baumart unter Berücksichtigung der Umtriebszeit (Alter bei der Ernte) und der vermuteten theoretischen, natürlichen, verbleibenden Lebenszeit. Aufgrund dieses Wertes wird der Wertzuwachs in der Fünfjahresperiode berechnet.

Patenschaften mit einer Laufzeit von fünf Jahren haben entscheidende Vorteile. Innerhalb dieser überschaubaren Zeit können die vertraglich festgelegten Konditionen mit einer grossen Sicherheit garantiert werden. Handänderungen oder personelle Veränderungen können aufgefangen werden. Haben sich nach fünf Jahren die Bedingungen auf dem Holzmarkt geändert, können die Preise oder andere Konditionen in den neuen Verträgen angepasst werden. Das System bleibt flexibel und fair für alle Parteien. Die Fünf-Jahrespatenschaften erlauben es auch, nach fünf Jahren wieder mit den Baumpaten und den Eigentümern in Kontakt zu treten und sind auch ein sinnvoller Zeitpunkt, die Bäume wieder aufzusuchen, Markierungen aufzufrischen und die Entwicklung der Bäume zu erfassen. Die Kontinuität des Projektes wird somit nicht durch starre Verträge eingeengt, sondern durch persönliches Engagement aller Parteien gefestigt.

Zurzeit befinden sich über 750 Bäume im Inventar von deinbaum. Das rundum grosse Interesse an deinbaum stimmt hoffnungsvoll, dass diese spannende Geschichte viele weitere Kapitel schreiben darf.

Weiterführende Infos und Links zu Biotopbäume, Totholz und Wald

Bauminventar der Schweiz ProArbore
http://de.proarbore.com/#!/home

Verzeichnis der ältesten Bäume auf der Welt und in Mitteleuropa auf Wikipedia
www.de.wikipedia.org

Biotopbäume – wertvoller Lebensraum im Wald
https://www.waldwissen.net/wald/naturschutz/wsl_biotopbaeume/index_DE

Habitatbäume kennen, schützen und fördern 

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/naturschutz/habitatbaeume-kennen-schuetzen-und-foerdern

Publikation des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) zum Thema Förderung von Alt- und Totholz
www.bafu.admin.ch

Waldwissen von der WSL
www.totholz.ch

Strategie von Birdlife Schweiz zum Thema Biodiversität im Wald
https://www.birdlife.ch/de/wald

Homepage des Zürcher Waldwirtschaftsverbandes mit vielen spannenden Informationen zum Thema Wald
www.zueriwald.ch

Der einzigartige Baumwipfelpfad Neckertal verbindet Nachhaltigkeit und Naturerlebnis und ist eine Bereicherung für das Neckertal und die Umgebung. Die schöne Natur- und Kulturlandschaft wurde erhalten und macht es möglich, den Wald mit anderen Augen zu sehen.  http://www.baumwipfelpfad.ch

Waldbaden / Waldachtsamkeits-Touren für Einzelpersonen oder kleine Gruppen.
Wir unterstützen Waldbesitzer, Forstbetriebe und Verwaltungen mit innovativen und zukunfts- orientierten Vermarktungskonzepten für den Wald. www.waldbuero.com

Abenteuerreise in unseren wundervollen Wäldern. Waldexkursionen bietet Führungen im Wald Ihrer Wahl für Freunde, Familien, Vereine, Firmen und Schulklassen an. www.waldexkursionen.com

Inwertsetzung von Biotopbäumen: Merkblatt für Waldeigentümerinnen und Waldeigentümer (WaldSchweiz 2016)  PDF

Habitat Bäume im Wirtschaftswald: Welche Anzahl zu welchen Kosten?
https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/fuehrung/rechnung/wsl_habitatbaeume_kosten/index_DE

Beurteilung des ökologischen und ökonomischen Wertes von Habitat Bäumen in Wirtschaftswäldern am Beispiel des Forstbetriebs Baden (Meier 2009 Masterarbeit ETH, PDF) PDF

Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen: Massnahmenbereich 2: Förderung Alt- und Totholz (Bundesamt für Umwelt 2015, PDF) PDF

Auswirkungen von Biotopbäumen und Totholz in Schweizer Forstbetrieben (HAFL 2015, PDF)PDF

Guide de poche des dendro-microhabitats (Kanton Vaud 2015) PDF

Lieder über Bäume

Roland Zoss
«Baumlieder»

Alexandra
«Mein Freund der Baum»

Puhdys
«Alt wie ein Baum»

Baschi
«Alte Baum»

Venice
«The family tree»